Obwohl sie sich gleichen wie ein Ei dem anderen, den gleichen Job machen, in der gleichen Stadt leben, die gleichen Hobbies haben, sind die Zwillinge Mandy (li.) und Nancy Do vom Charakter total verschieden.
Kennste eine, kennste beide – oder doch nicht?
Wenn Nancy Do in Crimmitschau über die Westbergstraße geht, dann rufen die Kinder aus dem „Sterntaler“: „Hallo Mandy!“ Sehen sie Mandy vor dem Tor, rufen sie: „Hallo Nancy!“ Immer wieder verwechseln die Kinder die beiden Zwillings-Schwestern, und das ist auch kein Wunder, gleichen die beiden sich doch wie ein Ei dem anderen – und selbst diejenigen, mit denen sie jeden Tag zu tun haben, können den Unterschied nicht erkennen.
Das wäre an sich gar nicht so relevant, wenn die Schwestern Do nicht ausgerechnet beide diesseits und jenseits der Westbergstraße arbeiten würden: Nancy im Kinder- und Jugendheim und Mandy im Kinderhaus „Sterntaler“. Beide haben sich in der 11. Klasse für ein Praktikum in der Kita entschieden, beiden wollten seitdem Erzieherin werden, beide haben ihre Ausbildung in Altenburg absolviert, beide sind für ihr Prüfungspraktikum ins Kinder- und Jugendheim Crimmitschau gegangen.
Nur eine Stelle im Kinderheim frei
Dort wären beide auch gern geblieben, aber es war nur eine Stelle frei. Und so hat sich Mandy im August 2023 auf das Abenteuer Kita eingelassen, während Nancy jetzt im Haus 2 des Kinderheims arbeitet. „Das erste halbe Jahr war eine totale Umstellung“, erzählt Mandy, „denn für mich war alles neu.“ Inzwischen jedoch möchte sie das Kinderhaus „Sterntaler“ nicht mehr missen. „Das Arbeiten mit den Kindern ist so schön“, schwärmt sie, „eine Bindung zu ihnen aufzubauen und zu sehen, wie sie Fortschritte machen.“ Vom ersten Tag an hätten die Kinder sie mit einer großen Offenheit empfangen, was ihr das Ankommen erleichtert habe.
Das kann in der Jugendhilfe tatsächlich anders aussehen, erzählt Nancy. Die erste Woche ihres Praktikums im Kinder- und Jugendheim sei für sie ein Kulturschock gewesen: „Die Arbeitszeiten, die Menge der Kinder in einem Haus, die Schicksale und Einschränkungen jedes Einzelnen – das war für mich alles zu viel“, erinnert sich Nancy, „ich habe oft geweint.“
Etwa drei Wochen habe es gedauert, dann sei sie drin gewesen und kann sich jetzt nichts Anderes mehr vorstellen. „Trotz aller Strukturen gibt es jeden Tag viele Dinge, die man nicht planen kann“, sagt sie, „dann muss man spontan und individuell entscheiden, hat viel Verantwortung, aber auch viel Spielraum.“ Natürlich sei der erste Nachtdienst allein ziemlich aufregend gewesen – und ohne ihren Zettel, auf dem alle Weckzeiten und Medikamente standen, hätte Nancy es sich auch nicht zugetraut. Inzwischen jedoch braucht sie keinen Zettel mehr und fühlt sich rundum wohl in ihrer Wohngruppe.
Zwillinge verbringen viel Zeit zusammen
Sooft die Zwillings-Schwestern gemeinsam frei haben, verbringen sie ihre Zeit zusammen, gehen raus, treffen sich mit Freunden, fahren in den Urlaub – einmal sogar zusammen mit Mandys Freund. Noch leben die 23-Jährigen bei ihren Eltern, die schon vor der Geburt der Schwestern aus Vietnam nach Werdau gekommen sind. Allerdings baut Mandy mit ihrem Freund gerade ein Haus aus und plant, Anfang 2025 dort einzuziehen. Auch Nancy will sich dann eine eigene Bleibe suchen.
Gleicher Job, gleiche Stadt, gleiche Hobbies – gleichen sich die zwei Schwestern denn wirklich wie ein Ei dem anderen? „Auf keinen Fall“, protestieren beide, „wir sind vom Charakter total verschieden!“ Während Nancy immer das Gute in allem sieht und ihre Meinung lieber für sich behält, ist Mandy das ganze Gegenteil: Sie sagt den Leuten ins Gesicht, wenn ihr etwas nicht gefällt, ist aufbrausend, aber lässt sich von ihrer Schwester dann wieder beruhigen. Vielleicht ist das ein Merkmal, anhand dessen man die beiden doch irgendwann voneinander unterscheiden kann…