Als Jason mit knapp 14 Jahren in unsere Wohngruppe in Reichenbach einzog, war keine Tür vor ihm sicher. Wenn er wütend war – und das kam schon mal häufiger vor –, hat er seinen Aggressionen einfach mit kräftigen Tritten Luft gemacht. Seine absolute Lieblingsbeschäftigung waren Computerspiele, oft verschwand er stundenlang in seinem Zimmer, in dem es so chaotisch aussah wie in seinem Inneren.

Fünfeinhalb Jahre blieb Jason in der Kinderarche in Reichenbach, zuerst in der Wohngruppe, dann im Betreuten Einzelwohnen. Damals war er traurig, dass er von seiner Familie getrennt wurde, aber heute sagt der 20-Jährige: „Das war die beste Entscheidung, denn es hat mich weitergebracht. Die Erzieher waren immer für uns da, und die strengen Regeln haben mir geholfen, mein Leben in den Griff zu kriegen.“

Um besser mit seiner Wut umzugehen, empfahl ihm seine Bezugserzieherin Sabrina Rott, es doch mal mit Boxen zu versuchen. „Das war die Rettung für Jason“, schätzt Einrichtungsleiterin Nicole Baumann heute ein. Denn im Boxverein hat Jason sich angenommen gefühlt, hat Vorbilder gefunden und an Selbstbewusstsein gewonnen. „Es ist wirklich toll zu sehen, wie Jason sich entwickelt hat“, freut sich Nicole Baumann. 

Aus dem schüchternen und planlosen Jungen ist ein selbstbewusster junger Mann geworden, der weiß, was er will. Seit über einem Jahr wohnt er in einer eigenen Wohnung und ist jetzt im dritten Ausbildungsjahr zum Einzelhandelskaufmann. Wenn er über die zwei Abteilungen spricht, für die er im Rewe verantwortlich ist, dann strahlen seine Augen. Ist seine Abteilungsleiterin nicht da, dann ist Jason für alles verantwortlich – und es macht ihm großen Spaß. „Früher war ich total verschlossen“, erzählt er, „aber jetzt macht es mir überhaupt nichts mehr aus, mit fremden Menschen zu sprechen.“

Für seine Zukunft hat Jason große Träume: „Mein Ziel ist es, einmal Filialleiter zu werden“, sagt er – und bei der Entwicklung, die er bis jetzt genommen hat, traut man ihm das komplett zu. Vorher jedoch kommt Jason zum Feiern in die Wohngruppe Reichenbach, denn am 16. August gibt es hier ein großes Fest anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Hauses mit seinen drei Angeboten: der heilpädagogischen Wohngruppe, dem Betreuten Einzelwohnen und der Sozialpädagogischen Familienhilfe.

Wegbegleiter, Freunde und Unterstützer sind ebenso eingeladen wie Angehörige und Ehemalige, und so freut sich Jason schon heute sehr auf das Wiedersehen mit den Kumpels von damals – und mit den Pädagogen, die ihn vor sieben Jahren auf die richtige Spur gebracht haben.