Liebe ist eine Haltung: Wie begegne ich meinem Kind, meinem Partner, meinen Kollegen und Kolleginnen, meinen Nachbarn? Sehe ich in ihnen wertvolle Menschen mit eigener Würde? Oder sehe ich nur ihr Handeln, was mir manchmal so sehr auf die Nerven geht?
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe…“
Was ist eigentlich „Liebe“? Ist es das Gefühl, wenn ich Schmetterlinge im Bauch habe oder mir mein Herz aufgeht für mein Kind? Ist es das Verantwortungsbewusstsein, das sich in der Fürsorge für meinen Nächsten zeigt? Ist Liebe = Sex? In der altgriechischen Sprache werden drei Begriffe verwendet, um die verschiedenen Ausdrucksformen von „Liebe“ zu beschreiben: Agape – die Liebe, die für den anderen uneigennützig sorgt, Philia – die freundschaftliche Liebe und Eros – die romantische Liebe. Wobei letztere die einzige Form der Liebe ist, die sich mit Sexualität verbindet.
Liebe zeigt sich im Umgang mit dem Mitmenschen
Ich finde es hilfreich, sich diese drei Aspekte der Liebe zu verdeutlichen. So rückt viel mehr in den Mittelpunkt, dass Liebe mehr ist als ein Gefühl. Liebe ist eine Haltung. Sie zeigt sich in meinem Umgang mit dem Mitmenschen. Wie begegne ich meinem Kind, meinem Partner, meinen Kollegen und Kolleginnen, meinen Nachbarn? Sehe ich in ihnen wertvolle Menschen mit eigener Würde? Oder sehe ich nur ihr Handeln, was mir manchmal so sehr auf die Nerven geht?
Der Hirnforscher Gerald Hüther hat zusammen mit Anselm Grün und Maik Hosang das Buch herausgegeben: „Liebe ist die einzige Revolution“ (Herder-Verlag). Gerald Hüther schreibt: „Liebe ist eben kein Gefühlszustand, sondern eine innere Haltung, eine innere Einstellung, die darüber bestimmt, wie dieser Mensch denkt, wie er fühlt und wie er handelt. Jemand, der in dieser Haltung lebt, muss nicht ständig darauf achten, dass er von anderen etwas bekommt, er hat vielmehr etwas andere zu verschenken.“ Für mich wird dort deutlich, wie wichtig es für unsere Gesellschaft ist, dass wir Liebe als eine Haltung lernen, üben und weitergeben. Liebe ist immer wieder auch eine Entscheidung. Diese Entscheidung prägt mein Denken, Fühlen und Handeln.
Liebe heißt sich öffnen für andere Sichtweisen
Dazu gehört dann ganz praktisch, dass ich nicht nur meine eigene Perspektive und Meinung als die allein richtige ansehe. Vielmehr geht es darum, einander zuzuhören, sich auszutauschen, die Sichtweise des anderen als spannend und bereichernd wahrzunehmen. Ja, das kann anstrengend sein. Aber wenn ich mir diese Offenheit zugestehe und bewahre, werde ich erleben, dass mein Leben reicher, bunter, vielfältiger, interessanter und hoffnungsvoller wird. Denn irgendjemand hat immer eine „verrückte Idee“, die mich aufbaut, mir neue Aspekte zeigt oder mich zum Lachen bringt. Glücklicherweise stecken nämlich nicht immer alle in den gleichen Problemen und Lebensphasen. Ich muss mich allerdings entscheiden, mich auf diese anderen Menschen einzulassen und nicht in meiner „Bubble“ zu bleiben, die nur meine eigene Wahrnehmung bequemerweise bedient.
Und das Verhalten unserer Kinder? Wir lieben sie, aber manchmal bringen sie uns auch an den Rand unserer Kräfte und unserer Möglichkeiten. Wenn es mir gelingt, hinter diesem Verhalten einen guten Grund zu entdecken, dann wird es leichter, damit umzugehen. Wenn ich den Ursachen nachspüre, habe ich mehr Handlungsspielräume. Ich kann kreativer sein – auch darin, wie ich meine Liebe zu meinem Kind zeige – wenn ich es wirklich verstehe und ihm zuhöre.
Liebe kann für einen anderen den Unterschied machen
Jeder Mensch kann für andere derjenige sein, der den Unterschied macht: Den Unterschied, ob sich jemand gesehen und geliebt fühlt und damit gestärkt wird für ein selbständiges und verantwortungsbewusstes Leben oder ob sich jemand unverstanden und abgestempelt vorkommt.
In diesem Sinne ermutigt uns die biblische Jahreslosung für 2024 zu einem liebevollen Handeln: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1. Brief des Paulus an die Menschen in Korinth, Kapitel 16, Vers 14). Lasst uns starten in dieses Jahr mit einem Bewusstsein dafür, dass die Haltung der Liebe grundlegend und hoffnungsvoll in unsere Gesellschaft und unsere Familien hineinwirken kann. Und übrigens: Ich muss das nicht alles allein stemmen. Als Christ weiß ich, dass Gott genau diesen Weg geht und mich liebt – bedingungslos. Daraus kann ich Kraft und Motivation schöpfen für meinen Alltag.
Petra Behner, Einrichtungsleiterin in der Christlichen Kita „Unterm Regenbogen“ Sebnitz