Für den Familienrat gibt es eine feste Terminierung und Ablaufregeln. Dazu gehören Gesprächsregeln wie „jeder darf aussprechen“ oder „keine Aussage wird abgewertet“. Eine Person moderiert, eine andere protokolliert das Ergebnis.
Der Familienrat: Erste Form der Partizipation für Kinder
„Wenn ich Beschlüsse, die mich betreffen, mitentscheiden kann, bin ich auch eher bereit, sie einzuhalten!“
Wollen wir Kindern unsere demokratischen Grundwerte übermitteln, gelingt dies – wie so oft in der Erziehung – durch eigenes Praktizieren und Vorleben. Allein die gemeinsame Absprache mit allen Familienmitgliedern zur Ausgestaltung des nächsten Wochenendes ermöglicht Kindern die Erfahrung, gehört und ernstgenommen zu werden und dabei gleichzeitig Kompromisse im Sinne der Gemeinschaft zu treffen.
Der sogenannte Familienrat (auch als Familienkonferenz bekannt) stellt eine Möglichkeit dar, sich als gesamte Familie zu alltäglichen Entscheidungen abzusprechen sowie die Wünsche und Bedürfnisse aller Familienmitglieder wahrzunehmen. Viele Familien stehen zum Beispiel bei gemeinsamen Mahlzeiten darüber im Austausch, ohne es als Familienrat zu bezeichnen.
Im Gegensatz zu diesem informellen, lockeren alltäglichen Austausch gibt es für den Familienrat eine feste Terminierung und Ablaufregeln. Dazu gehören beispielsweise Gesprächsregeln wie „jeder darf aussprechen“ oder „keine Aussage wird abgewertet“. Zudem wird der Familienrat von einer Person moderiert und das Ergebnis von einer anderen protokolliert.
Raum für Konfliktlösungen
Durch dieses Vorgehen wird Verbindlichkeit geschaffen und die Wichtigkeit des Anliegens unterstrichen. So ist es möglich, neben scheinbar lockeren Themen, wie der Gestaltung des Wochenendes, auch Raum für Konfliktlösungen zu schaffen. Ganz konkret geht es bei der gemeinsamen Konfliktlösung zunächst darum, das wahrgenommene Problem überhaupt erst einmal ins Bewusstsein aller Familienmitglieder zu bringen, um in einem zweiten Schritt auszuloten, was die Wünsche und die Ziele diesbezüglich jedes einzelnen sind. Hierbei geht es um ein wertschätzendes Miteinander, die Beschuldigung einzelner Familienmitglieder als Ursache des Problems ist zu vermeiden.
Gibt es ein Ziel, was alle akzeptieren können, kann jeder seine Vorschläge einbringen, die es dann miteinander abzuwägen gilt. Wichtig ist, dass jedes Familienmitglied einen Teil der Verantwortung für die Einhaltung der Abmachung übernimmt: „Damit es …. wird, kann ich folgendes beitragen: …“ Die Abmachungen werden in einem Protokoll festgeschrieben und beim nächsten Familienrat überprüft, ggf. auch überarbeitet. Abschließend sollte der Familienrat gemeinsam beendet und idealerweise mit etwas Positivem verbunden werden, wie beispielsweise gemeinsam Kuchen essen oder ein Spiel spielen.
Mit 20 Minuten Dauer anfangen
In der Familienhilfe setzen wir diese Methode häufig dann ein, wenn es zu wiederkehrenden Konflikten oder Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Familienmitgliedern kommt. Dabei spielt das Alter der Kinder ebenso wie deren Konzentrationsfähigkeit eine entscheidende Rolle. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine Dauer von 20 Minuten anfangs nicht überschritten und ein Thema dann lieber auf mehrere „Rats-Tage“ verteilt werden sollte, damit auch wirklich jeder zu Wort kommt.
Schon allein das gegenseitige Zuhören und Ausreden-lassen ist für manche Familien eine ganz neue Erfahrung, die es über mehrere Runden zu festigen gilt, bevor überhaupt an eine gemeinsame Konfliktlösung zu denken ist. Wir bitten zu Beginn des Familienrats auch oft die Familienmitglieder zusammenzutragen, worüber sie sich bei jedem einzelnen anderen in letzter Zeit gefreut haben oder was grad richtig gut läuft im Zusammenleben, um so eine wertschätzende Kommunikation zu üben.
Wer Kindern über diesen Weg eine Beteiligungsplattform schafft, muss gleichzeitig auch mit einem Mehr an Diskussionen und Meinungsvielfalt rechnen. Doch auch das ist ein wichtiger Grundpfeiler unserer Demokratie.
Maria König, Integrative Familienbegleitung Radebeul