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Wie fühlt sich beim Laufen der Untergrund an? Wonach riecht der Regen? Wie viele unterschiedliche Arten der Farbe Grün sehe ich?
Mit Achtsamkeitsübungen schafft man es, ganz im Hier und Jetzt zu sein.

Achtsamkeit im Erziehungsalltag

Von Achtsamkeit hört man dieser Tage immer wieder, gern im Aufforderungs-Ton: Tu dir was Gutes! Nimm dir Zeit für dich! Sammle Kraft! Oder schlimmer: Wann haben Sie das letzte Mal nur an sich gedacht?

Wenn wir diese scheinbar wohlgemeinten Ratschläge in stressigen Zeiten hören, bewirken sie nicht selten das Gegenteil, indem sie nämlich noch mehr stressen. Dabei eröffnet Achtsamkeit die Chance auf ein entspanntes Leben, weg von noch mehr „To-Do-Listen“ und einer Multitasking-Gesellschaft, die immer höher, schneller, weiter und noch mehr, mehr, mehr von uns fordert.

Achtsamkeit holt uns in den Augenblick, lehrt uns Geduld zu haben, entspannt und wachsam zu sein. Sie lehrt, sich seinem Inneren oder einem äußeren Moment zuzuwenden, genau zu beobachten, nachzufühlen. Wir üben, Situationen so zu akzeptieren, wie sie sind, ohne sie verändern zu wollen oder ewig darüber nachzudenken, was sein könnte oder was war. Achtsamkeit ist die bewusste Akzeptanz des Hier und Jetzt. Ein achtsames Leben zeigt auf, was tatsächlich wichtig ist: nämlich das, was unbezahlbar ist.

Annäherung an ein achtsames Leben: Ein Beispiel

Wie wir uns einem achtsamen Leben nähern können, ohne dass dies eine extra Aufgabe in einem ohnehin vollen Wochenplan ist, habe ich in schöner Weise mit einer Mutter in der Integrativen Familienbegleitung erlebt. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie „Achtsamkeit“ neben all den anderen Herausforderungen ihres Alltags funktionieren soll.

Zunächst sprachen wir darüber, was Achtsamkeit allgemein bedeutet und wie das im ganz normalen Alltag integrierbar sein kann:

  • Kaffee bewusst trinken, schmecken
  • Sonne im Gesicht spüren
  • Badewannenzeit ohne Handy
  • Augenblicke mit den Kindern bewusst wahrnehmen und nachspüren
  • Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse der Kinder richten und dem ganz bewusst nachgehen (Was siehst du? Was spürst du? Was brauchst du? Was möchtest du?)

Natürlich konnte die Mutter sich das auf Anhieb so gar nicht vorstellen, wie dies gelingen kann. Daher ließ ich die Mutter die Achtsamkeit zunächst selbst erfahren, indem ich einen kleinen Spaziergang mit ihr unternahm und dabei kleine Achtsamkeitsübungen aus dem sogenannten Waldbaden einstreute. Dies staffelte sich in mehrere Übungen mit der Aufgabe, sich dabei selbst zu beobachten:

  • Laufen ohne zu Reden
  • Laufen und nur einen Gedanken bewusst denken: „Ich laufe, weil ich laufe“
  • bewusste Bauchatmung als „Pause“
  • Laufen und bewusst beobachten (Wie viele unterschiedliche Arten der Farbe Grün sehe ich?)
  • Laufen und bewusst auf den Untergrund achten

Jede Sequenz gestaltete sich ca. zwei bis drei Minuten und erhielt im Nachgang eine Reflexion. Es war spannend, die Mutter zu beobachten und zu hören, wie sie sich selbst wahrgenommen hatte.

Während sie bei der ersten Übung innerlich noch sehr aufgewühlt war und ihre Gedanken nicht lenken konnte, verspürte sie ab der 2. Übung Beruhigung, Fokussierung und Entspannung. Zu spüren, was unter ihren Füßen „passiert“, sei besonders spannend gewesen.

Wie nun dies mit Kindern umsetzen und warum?

Gerade wenn Kinder scheinbar wenig konzentriert und „umtriebig“ im Gelände unterwegs sind, können kleine Achtsamkeitsübungen (ggf. gepaart mit Umweltbildung) zu Fokussierung sowie Entschleunigung verhelfen. Man kann dies als Pausen nutzen. Hilfreich sind solche Sequenzen allemal, um eine Verbundenheit zwischen Eltern und Kind durch gemeinsames Erfahren herzustellen und diese langfristig als Erinnerung zu verankern.

Wie wir mittlerweile wissen, lernen Menschen nicht (nur) durch Nachahmung, sondern insbesondere, wenn sie sich für etwas begeistern. Diese Begeisterung erfahren Kinder natürlich nur, wenn die Eltern dies selbst vermitteln oder das natürliche Interesse des Kindes aufnehmen. Grundsätzlich kommen Kinder mit einer Lust zu lernen, zu erfahren, zu erforschen auf die Welt. Genau dieses Streben nach Erkundung sowie dem Sein im „Hier und Jetzt“ nutzen wir bei solchen Angeboten.

Wir bleiben stehen, schauen uns ganz genau eine Blüte an (Was sehen wir hier alles?). Wir riechen daran, erspüren, wie zart die Blütenblätter sind (vielleicht sogar im Vergleich mit den richtigen Blättern, einem Baumstamm, Moos, Laub, usw.). Wir nutzen alle Sinne, um Unterschiede auszumachen oder die Situation um uns herum vollständig wahrzunehmen.

Natur und Kinder lehren uns, mal nur zu sein

Scheint noch die Sonne, können die Wärme auf der Haut, die Kühle des Schattens, Helligkeit und „Dunkelheit“ mit geschlossenen Augen erspürt werden. Welche Tiere sehen, hören wir? Wer lebt unter der Rinde eines abgestorbenen Baumes? Warum ist es wichtig, dass das sogenannte Totholz im Wald liegen bleiben darf? Nichts bietet so viel wie die Natur. Eine Verbundenheit zu dieser schafft auch Bewusstsein, wie wir diese schützen oder sorgsam nutzen können. Eltern können auch hier von den Kindern lernen, vor allem, mal nur zu sein.

Natürlich funktioniert das nicht auf Anhieb, gerade wenn Kinder diese Erfahrungen bisher noch nicht gemacht haben. Aber es lohnt sich, geduldig zu bleiben und diese kleinen Übungen immer mal wieder zu wiederholen. Unsere Kinder und auch wir selbst sind in solchen Momenten viel lebendiger, weil wir dann in uns selbst und im Augenblick wirklich da sind. Und ist es nicht ein schönes Ziel, im eigenen Leben anwesend zu sein statt es einfach vorüberziehen zu lassen?

Hier finden Sie noch kleine Achtsamkeitübungen für Kinder.

Madeleine Weber, Integrative Familienbegleitung im Landkreis Bautzen

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