♪♫“[…] Und wie Du wieder aussiehst, mit Löchern in der Hose und ständig dieser Lärm. Was sollen die Nachbarn sagen??? Und dann noch deine Haare, da fehlen mir die Worte, musst Du die denn färben? [...]“♫♪
Und wie du wieder aussiehst: Die Suche nach Identität
Der kurze Textauszug aus dem Lied der Berliner Punk-Rock-Band „Die Ärzte“ kommt sicher vielen Jugendlichen bekannt vor. Die Persönlichkeitsfindung im Jugendalter ist ein wichtiges Thema und eine zentrale Aufgabe. Jugendliche suchen Antwort auf die Fragen „Wer bin ich?“, „Was möchte ich beruflich werden?“, „Wie möchte ich einmal sein?“ und „Wie komme ich bei meinen Mitmenschen an?“
Der Wunsch nach Selbstverwirklichung, Selbstständigkeit und eigenbestimmter Entfaltung der Identität werden immer stärker. Im Gegensatz zu Erwachsenen wollen Jugendliche am liebsten alles ausprobieren – und gerade Jugendkulturen bieten eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich selbst zu entdecken. In einer Jugendkultur kann man eine Rolle erfahren und annehmen, man kann sie aber auch wieder abstoßen. Der Kreativität und der Experimentierfreudigkeit sind dabei keine Grenzen gesetzt. Hier ist Raum für den Balanceakt zwischen Entdeckung, Ablehnung und Befürwortung, ohne dass einen die Eltern „gleich an die Hand nehmen“, um große Enttäuschungen zu ersparen.
Was sind Jugendkulturen?
Unter Jugendkultur versteht man Lebensformen, die dem jugendlichen Charakter entsprechen. Im Allgemeinen ist die Jugendkultur durch besondere Normen und Verhaltenszeichen gekennzeichnet. Der Begriff Szene definiert ein Netzwerk von Menschen, das durch übereinstimmende Anschauungen, Interessen, Wertvorstellungen oder einen gleichen Lebensstil gekennzeichnet ist. Jede Szene hat ein zentrales Thema, wie zum Beispiel Mode oder Musik. Die bekanntesten zwei Erscheinungsformen sind Punks und Skinheads.
Punks
Ein Punk zeichnet sich vor allem durch den Protest gegen die Gesellschaft aus. Er richtet sich unter anderem gegen den Kommerz und Kapitalismus. Des Weiteren sind Punks gegen Rassismus, die Staatsgewalt, Massenmedien und die Ausbeutung der Dritte-Welt-Länder. Die meisten Punks vertreten politisch gesehen die „linke Seite“. Sie haben aber oft nichts mit den politischen Parteien zu tun.
Skinheads
Skinheads, kurz Skins, zeichnen sich äußerlich durch hochgekrempelte oder sehr enge Jeans oft mit Hosenträgern, Springerstiefel, karierte Hemden und sehr kurze Haare aus. Skinheads haben sehr viele Untergliederungen. Unter anderem die „Blood and Honour´s, die „S.H.A.R.P.“s und die „Oi!“s.
- „Blood and Honour“, übersetzt: „Blut und Ehre“: Diese Gruppe vertritt die nationalsozialistische Ideologie.
- „S.H.A.R.P. Skins“, steht für: „SkinHead Against Racial Prejudice“: Diese Skinheads stellen sich gegen rassistische Vorurteile.
- „Oi!-Skins“: Diese Gruppe hat keine politische Meinung und möchte mehr oder weniger das Gemeinschaftsgefühl spüren, sowie der Mode und der Oi! Musik folgen. Oftmals sind Punks und Oi!-Skins vereinigt.
In Deutschland gibt es sehr viele Jugendkulturen, die immer ein zentrales Thema haben. Diese Kulturen können nochmals in Subkulturen gesplittet sein. Oft wissen wir Erwachsenen nicht viel über Jugendkulturen, Subkulturen oder Szenen. Das hat zur Folge, dass wir Jugendlichen oft mit Vorurteilen begegnen und zum Beispiel einen Oi!-Skinhead als gewalttätigen und rechtsradikalen Jugendlichen einstufen. Damit sind Missverständnisse und Streit vorprogrammiert.
Wie können Sie sich als Eltern verhalten?
Zunächst können Sie das Gespräch mit Ihrem Kind suchen. Lassen Sie sich in einer ruhigen und angemessenen Atmosphäre die Lebenswelt des Heranwachsenden erklären. Es ist keine Schande, wenn man nicht viel über heutige Jugendkulturen weiß. Vielleicht können Sie aber Parallelen zu Ihrer eigenen Jugendzeit entdecken.
Auf der Internetseite www.jugendszenen.com können Sie sich informieren, welche Interessen die Gruppierung verfolgt. Ist es gefährlich? Politische Einstellung?, etc.
Wichtig ist: Think positive!
Das zunächst negativ wirkende Abgrenzen von der Erwachsenenwelt ist Voraussetzung für die – auch gesellschaftlich geforderte – Selbstständigkeit der Jugendlichen. Es hilft den Heranwachsenden dabei, sich vom Elternhaus zu lösen. Außerdem erfüllen Jugendkulturen wichtige Funktionen wie z.B. Schutz und Ausgleich. Die Clique ist ein geschützter Erfahrungsraum, in dem Jugendliche sich ausprobieren können, indem sie zum Beispiel unterschiedliche Sprachweisen in der Gruppe erkunden, ohne dafür abgelehnt zu werden. Der Freundeskreis kann auch über Fähigkeiten verfügen, die den Eltern fehlen: das Spielen eines Instrumentes, das Stricken oder Nähen eigener Kleidung, der Umgang mit dem Computer etc.
Deshalb: Denken Sie zunächst positiv über das Thema „Jugendkulturen“ und versuchen Sie, verständnisvoll gegenüber dem Jugendlichen zu bleiben.
Christin Röhner, Erzieherin im Mutter-Kind-Haus Leubnitz