Feste Rituale, z.B. am Fenster noch einmal zu winken, können Kindern den Abschied in der Kita erleichtern.
Wie ich den Abschied in der Kita am besten gestalte
Sarahs Mama hat jeden Morgen mit Betreten der Kita ein ungutes Gefühl, denn sie weiß, dass der Abschied für Sarah nicht einfach wird. In der Garderobe beeilt sie sich, Sarah schnell auszuziehen, denn sie sind wie immer spät dran. An der Gruppenzimmertür geht dann das Theater los: Sarah möchte noch kuscheln. Sie fordert mehrere Abschiedsküsse und Umarmungen ein. Als Sarahs Mama schließlich denkt, ihr Kind geht ins Zimmer rein, krallt es sich an ihr fest. Die Erzieherin muss Sarah weinend aus ihren Armen ziehen. Mit schlechtem Gewissen geht Sarahs Mama nun auf Arbeit. Es ist für alle Beteiligten keine angenehme Situation. Doch die gute Nachricht: Daran kann man etwas ändern.
Schon lange vor der Eingewöhnung Ihres Kindes in der Kita werden Sie sich in der Regel für kurze Zeitspannen von Ihrem Kind trennen. Sie sammeln verschiedene Erfahrungen bei der Verabschiedung und der Übergabe an eine andere Betreuungsperson. Diese bringen Sie mit in die Kita. Deswegen ist es sinnvoll, sich schon im Vorfeld der Eingewöhnung folgende Fragen zu stellen:
Wie geht es mir bei der Trennung von meinem Kind?
Bin ich entspannt / angespannt?
Fällt es mir schwer, mich zu trennen?
Brauche ich eine lange Verabschiedungsphase? Oder bevorzuge ich es „kurz und schmerzlos“?
Bei welchen Personen fällt es mir leichter / schwerer, mein Kind in Betreuung zu geben?
Berichten Sie der Erzieherin bei der Eingewöhnung von Ihren Erfahrungen, auch wenn diese nicht explizit danach fragt. Es sind wertvolle Informationen für die Eingewöhnung Ihres Kindes, schafft eine Vertrauensbasis und beugt eventuellen Missverständnissen vor.
Für Ihre Eltern-Kind-Beziehung ist es wichtig, dass Sie sich bewusst mit Worten von Ihrem Kind verabschieden. Dabei ist es völlig gleich, ob Ihr Kind ein Jahr oder drei Jahre alt ist. Sie verschwinden nicht einfach, sondern signalisieren Ihrem Kind mit der Verabschiedung, dass Sie jetzt gehen. Gleichzeitig versichern Sie ihm, dass Sie bald wiederkommen werden. Es ist völlig normal, dass Ihr Kind bei den ersten Verabschiedungen traurig ist und weint. Doch mit jeder Verabschiedung wird Ihr Kind auch das positive Erlebnis verbinden, dass Sie wiederkommen und es herzlich begrüßen. Auch die Verabschiedung ist ein Lernprozess. Sowohl Ihnen als auch Ihrem Kind wird die Trennung mit der Zeit immer leichter fallen.
Kindern gibt es Sicherheit, wenn Sie die Verabschiedung nach dem gleichen Ablauf gestalten. Ihr Kind kann Ihnen zum Beispiel vom Fenster aus noch zuwinken, wenn Sie gehen.
Wenn es Ihnen und/oder Ihrem Kind im Allgemeinen schwerfällt, sich zu trennen, planen Sie morgen viel Zeit ein. Die Verabschiedungsphase muss nicht erst an der Gruppenzimmertür beginnen. Planen Sie Zeit in der Garderobe oder im Auto ein. Sagen Sie Ihrem Kind, wann Sie es abholen oder was heute Spannendes in der Kita geschieht. Versichern Sie Ihrem Kind, dass Sie sich bald wiedersehen. Seien Sie Vorbild für Ihr Kind und sprechen Sie vor Ihrem Kind nicht von Ihren eigenen Ängsten und Bedenken.
Bei der direkten Übergabe an die Erzieherin ist es wichtig, nur das Wesentliche an Informationen für den Tag mitzuteilen. Andere Informationen können auch per Telefon oder beim Abholen ausgetauscht werden. Außerdem besteht immer die Möglichkeit, einen Termin für ein Elterngespräch zu vereinbaren. In diesem ruhigen Rahmen ist genügend Zeit für alle Fragen und Anliegen.
Verabschieden Sie sich kurz und klar von Ihrem Kind und vertrauen Sie darauf, dass Ihr Kind in den besten Händen ist. Wenn Ihr Kind nicht in die Gruppe möchte, lassen Sie sich Ihre eigene Unsicherheit bzw. negativen Gefühle nicht anmerken, machen sie Ihrem Kind Mut.
Übergeben Sie Ihr Kind bewusst an die Erzieherin und gehen Sie dann auch im Vertrauen, dass es Ihrem Kind gut geht. Wenn Sie dennoch ein schlechtes Gefühl haben, rufen Sie die Erzieherin nach ein paar Minuten an und erkunden Sie sich, ob sich Ihr Kind schnell beruhigen konnte. Machen Sie sich bewusst, dass alles im Leben ein Lernprozess ist. Mit etwas Übung klappt auch eine reibungslose Verabschiedung.
Und wie sieht es bei Sarah und Sarahs Mama aus?
Sarahs Mama hat mit der Erzieherin Ihrer Tochter ein Elterngespräch vereinbart. Darin analysierten sie die morgendliche Situation und besprachen Veränderungen. Seitdem stellt sich Sarahs Mama den Wecker eine viertel Stunde eher. So entsteht weniger Stress und mehr Zeit, sich in Ruhe für den Tag zu verabschieden. Vor der Gruppenzimmertür umarmt Sarah Ihre Mama jetzt noch einmal fest und gibt ihr einen Kuss, danach öffnet sie die Tür und begrüßt die Erzieherin. Im Anschluss winkt sie noch einmal ihrer Mama – und diese kann mit einem guten Gefühl zur Arbeit gehen.
Linda Pech, Erzieherin im Christlichen Kinderhaus „Ankerplatz“ Zethau
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