Stillen nach Bedarf ist erstrebenswert, aber nicht die einzige Möglichkeit, einen Säugling gut zu ernähren. Das Wichtigste ist ein zufriedenes Baby, dessen Bedürfnis nach Nahrung, Nähe und Zuwendung rundum gestillt ist.
Stillen mit Plan, aber nicht nach Plan
Jede Mutter ist einzigartig. Jedes Baby ist einzigartig. Genau deshalb ist auch jede Stillbeziehung einzigartig.
Zum Thema stillen oder nicht stillen, wann und wie oft stillen und vor allem wie lange stillen gibt es sehr viele Meinungen, Ratschläge und Empfehlungen. Kaum ein Thema rund um Baby und Mutterschaft ist emotional so aufgeladen wie dieses.
Mein einziger Ratschlag ist: Hört auf euer Gefühl!
Nach einer Geburt sollte dir idealerweise dein Baby auf die Brust gelegt werden. Die ersten Versuche deines Babys, an der Brust trinken zu wollen, werden nicht lange auf sich warten lassen. Indem es die Brustwarze umfasst und rhythmisch saugt, beginnt es, die Zellen in der Brust zu aktivieren, wodurch die Milchproduktion angeregt wird.
Hautkontakt zwischen Mutter und Baby ist besonders wichtig für die Ausschüttung des „Glückshormons“ Oxytocin, wodurch der Fluss der Vormilch, des Kolostrums, entscheidend angeregt wird. Das Kolostrum ist eine wahre Immunbombe, aber es wird in kleineren Mengen als Muttermilch gebildet. Manche Babys sind nach der Geburt sehr müde und schlafen viel, andere wollen beinahe dauerhaft an der Brust sein. Beide Fälle sind normal und einfach individuell verschieden.
Zwischen dem zweiten und vierten Tag nach der Entbindung schießt für gewöhnlich die Muttermilch ein. Es gibt Babys, die sich dann an eine innere Uhr halten und nur aller vier Stunden trinken wollen und vielleicht auch noch an beiden Brüsten gleichmäßig jeweils 15 Minuten trinken. Aber es gibt eben auch Babys, die jede Stunde gestillt werden wollen und das auch nachts. Beides ist völlig normal. Stillhäufigkeit und -dauer können sehr stark variieren, meist liegt die Häufigkeit bei 10 bis 12 Mal in 24 Stunden. Muttermilch ist optimal auf den Energie-und Nährstoffbedarf des Babys angepasst. Sie ist immer verfügbar, keimarm, richtig temperiert und kostenlos.
Das Baby bestellt quasi seinen Bedarf an Milch bei der Mutter. Wenn ein Baby oft und/oder ausgiebig an der Brust trinken möchte, wird die Milchproduktion angeregt und steigert sich für das Baby. Mein Tipp: Lege dein Baby bei den ersten Hungeranzeichen an die Brust an. Euer gemeinsames Wochenbett ist dafür da, euch einzuspielen und kennenzulernen. Nicht immer, aber meistens braucht eine Stillbeziehung einfach Ruhe und Zeit. Im Zweifel kannst du deine Hebamme des Vertrauens hinzuziehen oder dich an eine Stillberatung wenden.
Außerdem sind heutige Babys noch genauso wie Babys aus der Steinzeit. Wenn sie schreien, haben Babys immer ein Bedürfnis, welches es zu erfüllen gilt. Sie müssen sich lautstark äußern, denn sie wissen nicht, dass wir nur im Nebenraum sind. Sie können keine Uhrzeit lesen und sie haben keine Erfahrungen mit Mahlzeiten.
Wenn Babys Hunger haben und sie diesen nicht gestillt bekommen, setzt Angst bei ihnen ein. Für sie ist das jetzige Bedürfnis essentiell, sei es Hunger, Müdigkeit oder das Bedürfnis nach Nähe. Für all dies brauchen sie uns. Unsere Zuwendung – durch Stillen, durch Nähe, durch Streicheleinheiten und zarte Koseworte – ist für sie (über)lebenswichtig. Lass dich nicht von kritischen Stimmen verunsichern, es ist eindeutig erwiesen: Man kann ein Baby im ersten Lebensjahr nicht verwöhnen.
Stillen nach Bedarf ist für Kind und Mutter erstrebenswert, aber nicht die einzige Möglichkeit, einen Säugling gut zu ernähren. Es gibt keine wissenschaftliche Studie, die überzeugend belegen würde, dass Flaschenkinder sich in ihrer Beziehungsfähigkeit und ihrem Wohlbefinden von gestillten Kindern unterscheiden.
Das Wichtigste ist ein zufriedenes Baby, denn das macht zufriedene Eltern. Ebenso gilt dies andersherum: Zufriedene Eltern bewirken (meist) ein zufriedenes Baby.
Maria Woite, Erzieherin in der Sozialpädagogischen Wohngruppe „Weinberghaus“ Radebeul