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Hilfe: Pubertät! Wenn die Eltern schwierig werden...

„In der Pubertät werden die Eltern schwierig!“ Dieser Satz ist mir in einem schwierigen Sondierungsgespräch mit meinem Teenager in den Kopf geschossen und direkt über die Zunge rausgerutscht. Und plötzlich… Mein eben noch launischer, leicht aggressiver, sturer, verbissener, auf Krawall gebürsteter Koalitionspartner grinste und sagte nur „Stimmt“. Damit war das (mal wieder dicke) Eis (zumindest für eine Weile) gebrochen und wir konnten weiter unser Familien-Bündnis ausloten.

Ein Streitpunkt war zum Beispiel die unterschiedliche Einschätzung einer angemessenen Zu-Bett-Geh-Zeit. Jeden Abend Diskussion darüber, weil gerade was wirklich Wichtiges im Fernsehen kam oder was für die Bildung oder weil der Tag so gut lief oder weil es eine gute Note in der Schule gab. Argumente gab es von Teenager-Seite genügend; aber ich hatte auch ein paar Trümpfe im Ärmel: Menschen in dem Alter brauchen neun bis zehn Stunden Schlaf, ausgeschlafen ist man konzentrierter und kann besser lernen, Fernsehen bildet jetzt nicht sooooo viel. Es war wirklich anstrengend jeden Abend, für die besten Eltern der Welt und den Teenie. Aber wir konnten eine „Win-Win-Situation“ schaffen, die alles entspannte: Bei uns gibt es von Sonntag bis Donnerstag insgesamt zwei „lange Tage“, ohne Wenn und Aber. Die gibt es unabhängig von Schulleistung, Geschwister-Verhalten, Haushaltsfleiß. Sie müssen nicht beantragt, nur angekündigt werden. ABER: Es gibt auch keinen Vorschuss auf die nächste Woche, kein „Aufsparen“ und keine Ausnahme.

Der große Vorteil: Der junge Erwachsene muss planen, abwägen, Entscheidungen selbst treffen, mit den Konsequenzen leben und Verantwortung übernehmen. Das bedeutet zum Beispiel, die Fernsehzeitung studieren und gezielt eine Sendung/Serie wählen und schauen, seine Aufgaben für die Schule überblicken und geschickt und sinnvoll einteilen, seine eigene Verfassung kennen(-lernen) und entsprechend darauf eingehen (hundemüde und k.o. bringt der „lange Tag“ nix). Was haben alle Beteiligten davon? Keine aufreibende Diskussionen (da gibt’s doch noch genug andere Themen, über die wir uns streiten können), klare Strukturen, (Planungs-)Sicherheit, weniger „sinnfreier“ Fernsehkonsum… Insgesamt ein großer wichtiger Schritt für beide Seiten zum Loslassen und Festhalten.

Warum können eigentlich Teenager ihre Aufgaben nicht gleich erledigen? Dann haben sie sie doch weg? „Was du heute kannst besorgen… Der frühe Vogel… Morgenstund hat Gold…“ Einfach in die Gänge kommen, nicht ewig im Bett rumhängen, aktiv werden, das kann doch nicht so schwer sein. DOCH! Jugendliche in der Pubertät leben nämlich in einer anderen Zeit-Dimension, haben einen ganz eigen (vielleicht sonderbar anmutenden) Bio-Rhythmus, die Großbaustelle Kopf und Körper arbeitet im Schichtsystem mit Pausen!

Helfen können da neben einer guten Erinnerung an die eigene Jugend die Stärke der Gelassenheit und Toleranz, ein Abwarten- und Aushaltenkönnen. Wenn Aufgaben zu erledigen sind, sollten diese klar beschrieben, schaffbar und „berechtigt“(nicht den Dreck vom Bruder wegmachen z.B.) sein. Kein „Es wäre schön, wenn… oder wenn ich dich bitten dürfte…“, sondern „Ich möchte, dass… oder du bist dran mit…“ Unmissverständliche direkte freundliche Ansagen dringen eher vor als schwammige Formulierungen. Und jetzt kommt der schwierigere Teil: eine Zeit verhandeln, bis zu der die Aufgaben erledigt sind. Soll etwas getan werden, was mich als Eltern in meinen Abläufen oder meinem Wohlbefinden nicht tangiert, kann der Jugendliche gern eine Zeit vorschlagen. Kann man damit leben (sein chaotischer Schreibtisch entspricht zwar nicht meinem persönlichen Ordnungssinn, aber es beeinträchtigt mich erst mal nicht), heißt es nun: IN RUHE LASSEN. ABER nur bis zur vereinbarten Zeit. Und ist dann nichts passiert, sollte einschneidend reagiert werden, vom W-LAN-Stecker ziehen bis zum Fernseh-Empfang stören. Nichts anderes ist jetzt erlaubt, AUSSER die Aufgabe zu erledigen.

Gut ist es, wenn die elterlichen Motivations-Schub-Maßnahmen dem Teenager bekannt sind und nicht ständig wechseln. Klarheit hilft! Denn hier befindet sich der junge Erwachsene wieder in einem entscheidenden Lernfeld des Lebens: Verantwortung für sich und sein Verhalten übernehmen, Entscheidungen treffen und mit den Konsequenzen leben. Genau wie ein großer Erwachsener das später ständig machen muss. Nebenbei schult das Ganze das persönliche Zeitmanagement (einteilen, abschätzen, planen), Verhandlungsgeschick und bei uns besten Eltern der Welt: GELASSENHEIT und GEDULD.

Und was auch noch hilft bei pubertätsbedingten Zuständen: HUMOR. Haben Sie schon mal was von „Suchbild: Finde die 10 Fehler in meiner Küche“ gehört? Das spiele ich manchmal mit meinem Großen, wenn er allein war und sich etwas zu Essen gemacht hat… Probieren Sie’s mal aus, da kann sogar Aufräumen Spaß machen!

Andrea Dolatkiewicz, Sozialpädagogin und Einrichtungsleiterin Naturkinderhaus Mulda

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