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Mit gutem Grund: Wie Kinder Entscheidungen treffen

Carla besucht die 1. Klasse und bekommt ihr erstes Diktat zurück. Die Lehrerin sagt, dass es bis morgen unterschrieben sein soll. Am darauffolgenden Tag kommt Carla traurig nach Hause und zeigt ihrer Mutti das Heft. Die Lehrerin hatte mit ihr wegen der Unterschrift geschimpft. Unter dem Diktat hatte Carla mit viel Mühe selbst unterschrieben.

In unserem Alltag mit Kindern erleben wir oft Situationen, in denen wir schmunzeln, herzhaft lachen können. Manchmal sind wir jedoch entsetzt und nur froh, dass den Kindern in ihrem Tun nichts Schlimmeres passiert ist. Aber wie oft schimpfen wir mit dem Kind, ohne uns die Zeit zu nehmen, sein Handeln zu hinterfragen. Kinder haben noch nicht die Erfahrungen von Erwachsenen und können deshalb oft noch nicht die Konsequenzen ihres Tuns abschätzen.

Im Folgendem soll es darum gehen, wie Entscheidungen entstehen und wie auch das Handeln erklärt werden kann, mit dem Ziel, Möglichkeiten aufzuzeigen, wirkungsvoll darauf Einfluss zu nehmen.

Wir gehen davon aus: Für jedes Handeln gibt es einen guten Grund! Kein Kind agiert ohne einen guten Grund.

Diese These kommt aus dem Bereich der systemischen Arbeit – ein Konzept, dass davon ausgeht, dass jeder Mensch Teil eines sozialen Systems ist, welches ihn beeinflusst und umgekehrt. Das bedeutet, das pädagogische Hilfen nicht nur den Einzelnen betreffen, sondern um wirkungsvoll zu sein soziales Umfeld mit einbeziehen.

Für das obengenannte Beispiel ist es einfach, den „guten Grund“ zu finden. Carla wollte nicht betrügen, sondern tat genau das, was die Lehrerin sagte. Sie wusste es nicht besser. Schwerer fällt es einem aber schon, wenn das Kind an der Kasse eines Ladens schreit, weil es etwas Süßes möchte. Wie findet man denn da den guten Grund? Möglicherweise hatte das Kind mit diesem Verhalten schon einmal Erfolg. Vielleicht hat es schon bei einem anderen Einkauf etwas bekommen, also versucht es das wieder. Das ist eine Handlungsweise, welche aus Erfahrung entstanden ist.

Ein weiteres Beispiel ist auch das Danke sagen. Wird das Kind dafür gelobt bzw. erhält es keine negative Reaktion, bekommt es das Gefühl, dass diese Verhaltensweise richtig war und wird es in einer ähnlichen Situation wieder tun.

Kinder schauen sich viel von uns Erwachsenen oder älteren Geschwisterkindern ab. Jeder hat schon einmal erlebt, dass das was wir zum Kind sagten, später genauso von ihm zu uns zurückkam. Sie übernehmen auch, wie wir als Erwachsene miteinander umgehen.

Manchmal tut ein Kind etwas, weil es keine Alternativen kennt. Es handelt so, obwohl es weiß, dass es nicht richtig ist.

Wenn wir wollen, dass unsere Kinder gute Entscheidungen treffen und sicher handeln, können wir ihnen dabei helfen und ihnen die nötigen Kompetenzen und Selbstvertrauen mit auf den Weg geben.

Wir sollten uns beim Tun unserer Kinder fragen, was der gute Grund sein könnte. Noch besser ist ein Gespräch mit dem Kind, um zu fragen: „Warum hast du das getan?“ Danach sind Fragen wie: „Was könntest du das nächste Mal anders machen?“ gut. Das signalisiert, ich habe zwar diesmal etwas verkehrt gemacht, aber ich habe immer die Chance, besser zu handeln.

Falls das Kind keine eigenen Ideen hat, kann man eigene Vorschläge einbringen. So erfährt es Alternativen, die es in der Zukunft nutzen kann. Bei Schulkindern kann man auch fragen, wie der beste Freund oder die beste Freundin gehandelt hätte. Auch die Frage, ob es schon einmal eine ähnliche Situation gab, und wie es da reagiert hat, ist eine weitere Möglichkeit, Entscheidungen zu finden.

All diese Fragen haben das Ziel, Kindern zu zeigen, dass es immer eine Möglichkeit für Veränderungen gibt. Es wird nicht auf der Vergangenheit herumgehackt, die sowieso meist nicht geändert werden kann. Es werden Wege aufgezeigt, wie es besser gehen kann.

Ganz wichtig: Das Kind immer dann loben, wenn es eine gute Alternative anwendet. Diese Bestärkung ist ein guter Grund, positives Handeln zu wiederholen.

Der beste gute Grund für unser Handeln ist Zuwendung und Liebe – probieren Sie es bei Gelegenheit einfach einmal aus.

Gerit Wagner, Erzieherin in der Therapeutischen Wohngruppe Seyde

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