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Kinderarche Sachsen

Die Bedeutung von Freundschaft und Streit unter Kindern

Amy und Fanny sind ganz „dicke“ Freundinnen. Wenn sie sich am Morgen im Kindergarten begrüßen, strahlen ihre Augen und sie müssen erst einmal alle Neuigkeiten austauschen. Es wird getuschelt und gekichert.

Die ersten Freundschaften bilden sich ab dem 3. Lebensjahr, also meist mit dem Eintritt in den Kindergarten. Die Kinder halten Ausschau nach Spielkameraden. Am Anfang geschieht das zufällig. Wenn sich die Kinder dann oft sehen und miteinander spielen, bilden sich Sympathien, die zur Freundschaft werden. Das Kind will unter Umständen nicht mehr in den Kindergarten, wenn der Freund nicht da ist. Einige Kinder beginnen erst mit dem Spielen, wenn bestimmte Kinder auch in der Gruppe angekommen sind. Man bespricht sich, Materialien werden gesucht, der geeignete Ort ausgewählt, Vereinbarungen getroffen und Geheimnisse ausgetauscht. Einen Freund oder eine Freundin braucht man in ganz unterschiedlichen Situationen. 

  • Ich kann ihm anvertrauen, wenn ich z.B. Angst habe, wenn ich in Schwierigkeiten stecke, wenn ich mich ärgere. Der Freund hört zu und versteht mich, kennt ähnliche Situationen. Man teilt Freud und Leid.
  • Man kann seine Fähigkeiten ausprobieren, der Freund ermutigt einen. Ich bekomme die Anerkennung des Freundes, und das Selbstbewusstsein steigt.
  • Mit einem Freund oder einer Freundin fühlt man sich wichtiger und stärker.
  • Aufgaben erledigen macht mehr Spaß zu zweit.
  • Dem Freund zuliebe verzichtet man eher auf etwas, auch teilen macht dann Spaß.
  • Gemeinsam spielen, forschen, experimentieren, erkunden, in Rollen schlüpfen: Die besten Ideen hat man mit einem Freund.

Eines Nachmittags war das anders bei Fanny und Amy! Fanny saß mit „Schmollmund“ am runden Tisch, Amy am eckigen Tisch mit dem Rücken zu Fanny. Was ist denn da los? „Die haben sich gestritten!“, klärt mich Benny auf. Und dann noch: „Das ist öfter so, morgen ist ein neuer Tag, da vertragen die sich wieder.“ Benny kennt das schon und ist etwas genervt vom „Zickenkrieg“ der beiden Mädchen. Amy zuckt mit den Schultern und erklärt selbstbewusst: „Männer kitzeln Frauen und Streiten gehört zum Leben.“

Bei Freundinnen wie den beiden Mädchen ist Streit an der Tagesordnung. Oft sehr laut, mit Händen und Füßen und sehr heftig. Wir Erwachsenen stellen uns dann die Frage: Ist das eine richtige Freundschaft?

Auf jeden Fall, denn Streitigkeiten unter Freunden sind wertvolle Erfahrungen. Nur im Streit lernen Kinder richtig zu streiten. Sie brauchen neben den Erfahrungen der Freundschaft auch die Erfahrung des Streits. 

  • Sie lernen zu argumentieren, sich zu verteidigen, Regeln zu finden, die eigene Meinung durchzusetzen.
  • Sie machen die Erfahrung: Wie geht es mir, wenn ich Verursacher von Streit bin?
  • Sie lernen, auch mal Verlierer von Streit zu sein.
  • Sie lernen, Kompromisse zu finden und dass es oft verschiedene Lösungswege gibt, am besten ohne Verlierer oder Gewinner.
  • Sie erleben die Reaktion der Gemeinschaft: Erhalte ich Unterstützung oder finden mich die anderen doof? Kann ich mich nach dem Streit anderen Kindern zuwenden oder werde ich abgelehnt, allein gelassen?

Kinderfreundschaft, zu der auch Streit gehört, ist wesentlich, um das eigene Selbstbewusstsein zu entwickeln, die eigenen Kräfte auszuprobieren, aber auch den Platz in der Gemeinschaft zu finden.

Was können Sie nun als Eltern tun? Unterstützen Sie die Freundschaften Ihrer Kinder, indem Sie Anteil nehmen, nach den Freunden fragen, Interesse zeigen. Lassen Sie auch in der Freizeit Raum und Zeit für kleine Unternehmungen der Freunde wie gemeinsame Spielzeiten, Übernachten beim jeweils anderen und natürlich Geburtstagsfeiern.

Und wie sollte man im Streitfall reagieren? Soll man die Kinder das „unter sich ausmachen lasen“ oder lieber eingreifen? Wenn Streit entsteht, gibt es verschiedene Interessen und Bedürfnisse, die nicht übereinstimmen. Die Kinder geraten in einen Konflikt. Konflikte lösen zu lernen, ist das große Ziel. Dabei sollte es nach Möglichkeit zu einem Kompromiss kommen, mit dem jedes der Kinder zufrieden ist. Wir Erwachsenen sollten bei einem Streit so selten wie möglich eingreifen. Kinder müssen aus eigener Erfahrung lernen. Auf jeden Fall müssen Sie die Streitenden im Blick haben.

Wenn Sie doch eingreifen, fragen Sie die Kinder nach dem Anlass und nach dem Verlauf des Streites. Es gilt die Regel: Die Kinder erzählen ihre Version zum Geschehen, dabei werden sie nicht unterbrochen. Die Kinder dürfen selbst eine mögliche Lösung vorschlagen – gemeinsam wird dann ein Kompromiss geschlossen.

Regine Bluth, Einrichtungsleiterin der Kindertagesstätte „Villa Kunterbunt“ Freiberg

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