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Ilka Meffert

Wie wir Konflikte mit der Familienkonferenz lösen können

Teresa kommt keuchend zur Tür hinein. Ihre Mutter erwartet es bereits mit sorgenvollem Blick.

Mutter: „Warum bist du zu spät gekommen?“

Teresa: „Ich habe den Bus verpasst.“

Mutter: „Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass du den Bus verpasst hast. Ich habe dir gesagt, dass du das nächste Mal Fernsehverbot bekommst, wenn du wieder zu spät kommst.“

Teresa: „Entschuldigung, ich wollte ja pünktlich sein.“

Mutter: „Dann sei in Zukunft auch pünktlich! Und jetzt geh in dein Zimmer. Der Fernseher ist heute tabu.“

Viele Eltern kennen diese Situationen und fühlen sich hilflos. Eigentlich möchten sie eine harmonische Beziehung zu ihren Kindern pflegen. Doch durch Strafen und Machtdemonstrationen leidet die Eltern-Kind-Beziehung. Wie können Konflikte produktiv und gewaltlos gelöst werden? Eine Möglichkeit bietet die „Familienkonferenz“.

Das „Gordon-Modell“ ist ein vom US-Psychologen Thomas Gordon beschriebenes Kommunikations-Modell zur gewaltfreien Konfliktlösung. Bereits 1970 erschien sein Buch „Familienkonferenz“. Sein Ziel war eine Verbesserung der Eltern-Kind-Kommunikation.

Was kann ich unter Familienkonferenz verstehen?

Die Grundsätze des Gordon-Modells sind:

1. Aktives Zuhören

Aktives Zuhören bedeutet, dass man dem Sprechenden Rückmeldung gibt und das Gesagte in eigenen Worten zusammenfasst. Dies ermöglicht dem Gegenüber, sein Problem besser zu verstehen und hilft ihm, eigene Lösungen zu finden.

2. Ich-Botschaften

Ich-Botschaften bedeuten, eigenes Erleben und Empfinden möglichst neutral zum Ausdruck zu bringen. Sie sind in Gesprächen gut geeignet, um Enttäuschung oder Kritik anzusprechen oder Wünsche über ein erhofftes zukünftiges Verhalten beim Gegenüber deutlich zu machen.

3. Niederlagelose Methode der Konfliktlösung

Dies meint den Verzicht elterlicher Machtdemonstration, wie Drohen, Anbrüllen oder Strafen.

Schauen wir uns das Eingangsbeispiel noch einmal an und setzen die genannten Werkzeuge um:

Mutter: „Du bist eine halbe Stunde zu spät nach Hause gekommen. Ich habe mich gesorgt.“ (Ich-Botschaft)

Teresa: „Ja ich habe den Bus verpasst.“

Mutter: „Du wolltest also pünktlich sein, aber hast den Bus nicht mehr erreicht?“ (aktives Zuhören)

Teresa: „Ja, ich hatte großen Hunger nach dem Musik-Unterricht und nebenan in der Bäckerei roch es so gut. Ich dachte, ich schaffe den Bus noch.“

Mutter: „Du hast dir also etwas zu Essen in der Bäckerei geholt, weil du Hunger hattest. Bist du deshalb schon vor zwei Wochen zu spät gekommen? Hast du oft Hunger nach dem Musikunterricht?“

Teresa: „Ja, immer.“

Mutter: „Das verstehe ich. Ich wusste nicht, dass du Hunger hast. Also kann es sein, dass du öfter zu spät kommst nach der Musikschule?“

Teresa: „Ja, das kann sein. Ich könnte ja immer Bescheid geben mit dem Handy, wenn ich noch etwas Essen gehen möchte. Oder ich nehme eine Brotbüchse mit.“

Mutter: „Das ist eine gute Idee. Abgemacht.“

Durch das aktive Zuhören der Mutter und ihrem Ausdruck der Sorge, fand das Kind schnell selbst eine Lösung für die Zukunft. Hätte die Mutter ihr Kind mit Vorwürfen empfangen und für das Zuspätkommen bestraft, wäre dieser Dialog nicht möglich gewesen. Auch hätte sich ein Zwiespalt des Kindes, zwischen Hunger und Strafe wählen zu müssen, ergeben.

Konflikte gar nicht erst entstehen lassen

Die meisten Konflikte im familiären Zusammenleben sind auf unklare Erwartungen, unbefriedigte Bedürfnisse und Kommunikationsschwierigkeiten zurückzuführen. Diese Tipps können helfen, Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen:

Klare Absprachen treffen

Eine Absprache ist eine Vereinbarung zwischen zwei (oder mehreren) Personen und nicht zu verwechseln mit einer Bitte oder einem Befehl. Sie wahrt den gleichwürdigen Umgang und bietet die Möglichkeit, Kompromisse zu schließen. Für Kinder und ihre Entwicklung ist dies ein wichtiger Lernprozess. Ihnen wird durch Absprachen ermöglicht, eigene Bedürfnisse zu formulieren und eigene Grenzen darzulegen.

Gemeinsam planen

Missverständnissen kann durch gemeinsames Planen vorgebeugt werden. Dazu kann ein Wochenplaner (eine Tafel, Vordrucke aus dem Internet oder selbst gestaltete Papierbögen) genutzt werden. Bei der Wochenplanung können Aufgaben verteilt, Termine besprochen und Verantwortlichkeiten festgelegt werden. Wichtig dabei ist die Einbeziehung aller. Die Grundsätze der Familienkonferenz können auch hier hilfreich sein. Wer ist diese Woche für den Müll, die Fütterung der Katzen, das Blumengießen oder Staubsaugen verantwortlich? Scheiben Sie alle Aufgaben auf, die im Haushalt erledigt werden müssen. Vom Bügeln über Staub wischen und einkaufen, Fenster putzen, Betten beziehen und Bäder putzen. So wird Hausarbeit für alle Bewohner sichtbar und spätestens beim Verteilen werden einseitige Belastungen auffallen. Probieren Sie es aus. Ihre Kinder werden sich freiwillig gern beteiligen. Jüngeren Kindern können bebilderte Magneten helfen, den Wochenplan zu durchschauen. Es gibt auch Farbsysteme zur besseren Übersicht. Hängen Sie den Wochenplan, den sie gemeinsam gestaltet haben, gut sichtbar und für alle einsehbar auf.

Fragen Sie nach

Wann immer Sie das Gefühl haben, Ihr Kind bedrückt etwas, fragen Sie nach. Kommen Sie mit Ihren Kindern ins Gespräch und hören Sie aktiv zu. Oft kommen im Alltag einfache Gespräche zu kurz und die Kommunikation beschränkt sich auf Organisatorisches. Viele Konflikte brodeln lange vor sich hin, Wut und Ärger stauen sich an. Das geht unseren Kindern nicht anders als uns. Gespräche sind die gute Basis einer Beziehung. Sie stärken den innerfamiliären Zusammenhalt und das Vertrauen ineinander.

Das Gordon-Modell kann Ihnen und Ihrer Familie helfen, die wirklichen Ursachen zu finden, die hinter Konflikten stehen. Es bedarf ein wenig Übung, um gut damit arbeiten zu können. Zur Vertiefung empfehle ich die Bücher „Die neue Familienkonferenz – Kinder erziehen ohne zu strafen“, „Familienkonferenz in der Praxis“ oder „Gute Beziehungen – Wie sie entstehen und stärker werden“ von Thomas Gordon.

Jessica Köthe, Erzieherin im Kinder- und Jugendheim Burgstädt

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