Unterschiede machen uns stark: Vielfalt (er-)leben
„Guck mal, der Junge sieht komisch aus!“ „Warum hat das Mädchen so einen Rollstuhl?“ Manchmal verblüffen uns Kinder mit ihrem wachen, unverstellten Blick auf Menschen und / oder Situationen. Manchmal zeigen sie sogar mit dem Finger auf die Person, um unser Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was ihnen als ungewöhnlich aufgefallen ist.
Wie reagiere ich als Erwachsener? Ist mir eine solche Aussage peinlich? Gehe ich darüber hinweg? Versuche ich mein Kind abzulenken oder die Aufmerksamkeit auf etwas Anderes zu lenken? Vielleicht, weil ich selbst nicht so genau weiß, wie ich meinem Kind diese wie auch immer geartete Andersartigkeit altersgemäß erklären kann?
Wir erleben alle tagtäglich, dass wir unterschiedlich sind in unserm Erleben und Empfinden, in unserem Äußeren, aber auch bei Werten und Normen, die wir vertreten.
Kinder wollen ihre Umwelt verstehen lernen und sind zunächst einmal interessiert und wissbegierig. So kann eine für uns vielleicht als peinlich oder unbequem empfundene Frage wichtig für das Kind sein, um sich die Welt besser erschließen zu können. Wenn wir Erwachsenen dann den Kindern aufmerksam zuhören und nachfragen, was denn konkret für sie ungewöhnlich ist und warum und auf die Fragen der Kinder dem Alter entsprechend eingehen, können sich tolle und bereichernde Gespräche ergeben.
Besonders wichtig ist dabei ein durch Wertschätzung geprägter Grundton, der den Kindern vermittelt, dass alle Menschen gleich wertvoll sind, auch wenn sie so ganz anders sind als ich. Auch können wir die Kinder sensibilisieren für besondere Situationen und ihnen erklären, dass es nicht schön ist für den anderen, wenn sie mit dem Finger auf jemanden zeigen oder das Leute traurig werden können, wenn man sagt, sie sind dick oder „der stinkt“. Auch kann eine Frage an die Kinder zurückgegeben werden: „Was denkst du, warum das Mädchen im Rollstuhl sitzt?“
Bei uns in der Integrativen christlichen Kita „Riesenzwerge“ reden wir schon mit den Krippenkindern über verschiedene Fähigkeiten, was einer gut kann und ein anderer vielleicht noch nicht oder wobei manche Kinder besondere Hilfe brauchen, denn das erleben sie ja auch bei sich selbst, jeden Tag.
Das wunderbares Bilderwendebuch „Ich bin anders als du / Ich bin wie du“ von Constanze von Kitzing greift diese Thematik überraschend anders auf und lenkt den Blick weg von den offensichtlichen Unterschieden, wie Hautfarbe, Geschlecht oder Behinderung, auf überraschende Gemeinsamkeiten oder unterschiedliche Interessen. Mithilfe dieses Buches lassen sich Unterschiede aufgreifen und ohne zu werten wird deutlich, dass wir zwar alle ganz verschieden sind, aber trotzdem miteinander Gemeinschaft haben und uns verstehen können.
Auch in der Kita spielt gelebte Vielfalt eine große Rolle, denn wir sind alle unterschiedlich, egal ob man das nun von außen sehen kann oder nicht. Uns ist es deshalb ein zentrales Anliegen, dass alle Kinder (und Erwachsenen!) nach ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten teilhaben am Alltaggeschehen und es normal ist, verschieden zu sein. Außerdem eröffnet uns dieses Verschiedensein auch die Möglichkeit, uns gegenseitig zu helfen („Ich kann schon Schnürsenkel, soll ich deine zu machen?“) oder füreinander einzustehen („Lass den in Ruhe, der ist mein Freund!“). Dann machen uns Unterschiede stark.
Ulrike Körner, Integrative christliche Kita „Riesenzwerge“ Radebeul