Der leistungssteigernde oder erzieherische Effekt von Hausaufgaben wird durch Studien stark in Frage gestellt.
Hausaufgaben – Fluch oder Segen?
Wer kennt die Problematik nicht: Nach einem stressigen Arbeitstag holt man seine Kinder aus Kita und Hort ab, hofft auf einen entspannten Nachmittag, bis kurz vor dem Abendbrot dem ältesten Kind einfällt, dass es seine Hausaufgaben noch nicht erledigt hat und nun für alle Familienmitglieder den Abend umgestaltet… Doch welche Funktion haben Hausaufgaben eigentlich? Und: Sind sie wirklich immer sinnvoll?
Den Hausaufgaben werden einerseits leistungssteigernde, andererseits erzieherische Funktionen zugeschrieben. Gemäß dem Grundsatz „Viel hilft viel“ könnte man davon ausgehen, dass Hausaufgaben die schulischen Leistungen durchaus steigern können. Denn wer viel läuft, wird schneller, und wer viel liest, weiß über vieles Bescheid. Doch funktioniert dieser Grundsatz auch bei Hausaufgaben? Es gab in den letzten Jahren einige Forschungen über die Effektivität von Hausaufgaben. Das Ergebnis: Meist war kein bis gar kein leistungssteigernder Effekt festzustellen war. Woran liegt das?
Steigern Hausaufgaben die Leistung?
Hausaufgaben werden oft für die gesamte Klasse gestellt und nicht für den einzelnen Schüler. Dadurch können sie für den einen zu schwer und für den anderen zu leicht sein, sodass es niemanden voranbringt. Die Individualisierung der Hausaufgaben würde das Problem lösen, doch ist von den Lehrkräften kaum zu leisten. Untersuchungen haben zudem ergeben, dass Hausaufgaben meist zum Stundenende oder gar in den Pausen gestellt werden. Zu dieser Zeit haben die ersten Kinder bereits abgeschaltet oder vergessen gar das Notieren der Aufgaben.
Viele Eltern sind bei der Bearbeitung der Hausaufgaben zu ehrgeizig und perfektionistisch, sodass sich bei den Kindern keine Leistungssteigerung einstellt, sondern eher das Gegenteil eintritt. Werden Hausaufgaben dann nicht einmal kontrolliert oder individuell überprüft, sinkt die Motivation der Schüler zur Bearbeitung der nächsten Aufgabe.
Fördern Hausaufgaben die Selbstständigkeit?
Nun zum erzieherischen Effekt von Hausaufgaben: Sie sollen die Selbstständigkeit und das Pflichtbewusstsein der Kinder fördern. Leider gibt es dazu keine Forschungen, doch man kann die eigene Erfahrung befragen: Kindern, die schon sehr selbstständig sind, wird eine eigenständige Erledigung der Hausaufgaben nicht schwerfallen. Kinder, die noch recht unbeholfen in der Erledigung von schulischen Dingen sind, werden meist von den pädagogischen Fachkräften und Eltern zu sehr unterstützt, sodass auch hier die Selbstständigkeit nicht gefördert wird. Es kann sogar passieren, dass die gut gemeinte Kontrolle und Unterstützung falsch verstanden wird und die Eltern-Kind-Beziehung negativ beeinflusst. Gerade in weiterführenden Schulen ist das Abschreiben von Hausaufgaben oft der letzte Weg, um keine schlechte Note zu kassieren, sodass auch in diesem Fall kein (positiver) erzieherischer Effekt zu verzeichnen ist.
Konstruktiver Dialog ist gefragt
Forschungen und Erfahrungen zeigen, dass Hausaufgaben keinen bis nur einen geringen positiven Effekt haben. Deswegen ist es wichtig, dass Eltern, Hort und Schule in einen ständigen Austausch treten, um die Notwendigkeit und Effektivität der Hausaufgaben zu erörtern. Ob die beschriebenen Belastungen, die sich aus Hausaufgaben erben, für die Beteiligten gerechtfertigt sind, muss jeder individuell entscheiden und in einem konstruktiven Dialog mit den Lehrkräften diskutieren. In der Analyse um Notwendigkeit und Effektivität von Hausaufgaben können folgende Fragen helfen:
Wie stellen wir uns Kindheit und Jugend vor?
Welche Aufgaben hat die Schule?
Was macht ein gelungenes Leben aus?
Wie wollen wir die nachfolgende Generation zum Leben befähigen?
Um mit der Schule ins Gespräch zu kommen, ist es sinnvoll, den Kontakt zum Klassenlehrer zu suchen. Außerdem besteht die Möglichkeit, über den Elternsprecher der Klassenstufe ein solches Thema anzusprechen und dafür auch die Meinung anderer Eltern einzuholen, um die Lehrer mit einer Art „Sammelidee“ anzusprechen.
Eltern als Vorbild
Solange die Schule jedoch an Hausaufgaben festhält, sollten Eltern ihre Kinder natürlich unterstützen, dieser Pflicht nachzukommen, um schlechte Noten zu vermeiden, die bei Nicht-Erfüllung gern erteilt werden. Eltern sollten dabei vor allem Vorbild sein und den Kindern verdeutlichen, dass auch ungeliebte Aufgaben (wie Haushalt etc.) getan werden müssen, obwohl man in dieser Zeit viel schönere Dinge machen könnte.
Um die zeitliche Belastung zu reduzieren, kann es von Vorteil sein, am Wochenanfang bestimmte Zeiten zur Erledigung der Hausaufgaben festzulegen und dabei auch die weiteren Aufgaben und Termine der Woche zu berücksichtigen. Gerade für Kinder im Grundschulalter ist es wichtig und hilfreich, wenn eine Vertrauensperson gemeinsam mit ihnen die Hausaufgaben erledigt. Die Erwachsenen sollten jedoch nur unterstützen und motivieren und nicht selbst die Hausaufgaben erledigen. Gerade an „unperfekten“ Hausaufgaben erkennt ein guter Lehrer, wo ein Kind noch Schwierigkeiten hat und was es noch nicht verstanden hat.
Ob Hausaufgaben noch zeitgemäß sind und beim Lernen helfen, wird sich in den nächsten Jahren herauskristallisieren. Schon jetzt haben die ersten Schulen damit begonnen, ohne Hausaufgaben auszukommen. Die wohl wichtigste Rolle in der Diskussion spielt eine konstruktive und sachliche Kommunikation zwischen Schule und Eltern.
Maria Leufert, Erzieherin in der Kindertagesstätte Sonnenblumenkinder Naundorf
„Wenn ich sage: Ich vermisse meine Schulzeit! –
meine ich meine Freunde und den Spaß, nicht die Hausaufgaben!“
Literatur:
Prof. Kohler, Britta (2016): Sind Hausaufgaben notwendig? www.herder.de/ek/themen-und-ideen/schulkinder/tagesablauf/sind-hausaufgaben-notwendig/ verfügbar am 08.05.2021
Anders, Florentine (2018): Sind Hausaufgaben noch notwendig oder längst überholt? deutsches-schulportal.de/bildungswesen/forschung-sind-hausaufgaben-noch-notwendig-oder-laengst-ueberholt/ verfügbar am 08.05.2021
Zitat: i.pinimg.com/originals/5a/32/cd/5a32cd6ccddd62dede0f8ffc6c48bcc5.jpg verfügbar am 08.05.2021