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Ilka Meffert

Wie können wir Kindern in der Trauer beistehen?

Abschied, Tod und Trauer als Teil unseres Lebens verstehen

Abschied, Tod und Trauer gehören auch für Kinder zum Lebensalltag. Vielleicht erleben sie, dass jemand in der Nachbarschaft stirbt, vielleicht die eigene Oma, jemand aus dem Kindergarten oder der Schule, der Vater, die Schwester. Vielleicht ist es auch das geliebte Haustier. Besonders der Tod eines geliebten Menschen ist für Kinder wie für Erwachsene eine sehr schmerzliche und einschneidende Erfahrung. Umso wichtiger ist es, Kinder auf das Abschied- Nehmen vorzubereiten und sie in ihrer Trauer einfühlsam zu begleiten.

Kinder brauchen die Erfahrung, von den Erwachsenen ernst genommen zu werden

Das Kind sollte unabhängig von seinem Alter einbezogen werden, wenn ein naher Angehöriger oder Freund gestorben ist. Dazu gehört es, die Fragen der Kinder offen und ehrlich zu beantworten, in einer Art und Weise, die ihrer jeweiligen Entwicklungsstufe entspricht. Wenn Eltern um denselben Menschen trauern wie das Kind, ist es grundsätzlich gut, es auch hier einzubeziehen. Das bedeutet, ihm daran Anteil zu geben, dass Sie selbst trauern und wie es Ihnen dabei geht. Wenn es Eltern gelingt, dem Kind in altersgerechter Weise zu vermitteln, wie sie als Erwachsene trauern, erfährt das Kind, wie es seine eigenen Gefühle der Trauer in Worte fassen kann. Dabei ist es allerdings sehr wichtig, das Kind nicht mit der eigenen Trauer zu belasten. Das ist nicht immer einfach. Darum kann es nötig sein, sich als Eltern Hilfe zu suchen. Es entlastet das Kind, wenn es erfährt, dass die Eltern Hilfe bekommen und dass es sich selbst für ihre Trauer nicht verantwortlich fühlen muss. Es erlebt außerdem, dass man sich in der Trauer Unterstützung holen darf und dass es hilfreich ist, mit anderen zu reden.

Wenn es den Erwachsenen wieder besser geht, ist es sehr wichtig, auch darüber zu sprechen. Dadurch vermitteln wir dem Kind, dass es möglich ist, mit einem sehr schmerzlichen Verlust zu leben und dass es dem Kind trotz des erlittenen Verlustes wieder gut gehen darf. Dabei braucht es den Verstorbenen nicht zu vergessen oder zu verraten.

Kinder trauern auf ihre Art, oft anders als Erwachsene

Kinder gehen mit dem Verlust eines nahe stehenden Menschen zumeist anders um als Erwachsene. Ihre Art, mit dem Tod umzugehen, ist einerseits oft sehr spontan und natürlich, andererseits erleben sie eine tiefe Verunsicherung und als Folge ein Wechselspiel von Gefühlen. Sie brauchen dann jemanden, der sich einfühlt und sie gegebenenfalls anspricht, damit sie sich nicht verschließen. 

Die Trauer der Kinder braucht einen geschützten Raum

Das Wichtigste für die Kinder ist das Gefühl des Angenommen-Seins. Sie kommen selbst mit ihren Gefühlen wie Wut, Angst, Beleidigt-Sein, Ohnmacht, Verletzlichkeit… nur schwer zurecht. Sie brauchen dann besonders die Nähe und Geborgenheit der Erwachsenen und damit die Erfahrung, dass sie in ihrem Schmerz und ihrem Gefühlschaos nicht allein sind. Es hilft dem Kind, wenn es ermutigt wird, über alles zu reden. Es sollte aber „nur“ ein Angebot sein. Zu viele Fragen setzen ein Kind schnell unter Druck, sodass es sich eher weiter verschließt. Geeignete altersgerechte Bücher, Geschichten und z.T. auch Filme können für Kinder in der Trauer eine sehr gute Möglichkeit sein, sich in den Erfahrungen anderer ausgedrückt zu erleben.

Da es dem Kind in der Regel schwer fällt, die eigenen Gefühle verbal auszudrücken, können wir versuchen, die Gefühle des Kindes „stellvertretend“ zu formulieren. Dies sollte behutsam geschehen und für das Kind nur ein Angebot sein. So hat das Kind die Freiheit, die vom Erwachsenen vermuteten Gefühle ggf. auch zurückzuweisen.

Die Trauer braucht Zeiten und Orte der Erinnerung

Es kann Eltern und Kinder verbinden und ihre Trauer lindern, wenn sie sich gemeinsam an den verstorbenen Menschen erinnern. In der Wohnung könnte es einen Platz geben mit einem Foto, einer Kerze und Dingen, die an den Verstorbenen erinnern. Erwachsene und Kinder können sich gemeinsam Fotos ansehen und erzählen, was sie mit ihm / mit ihr erlebt haben. Für Kinder kann es eine Hilfe sein, die Orte zu besuchen, die an die/den Verstorbene/n erinnern. Beim Abendgebet können sie gemeinsam des / der Verstorbene/n gedenken.

Die meisten Kinder suchen sich bei einem Verlust einen Gegenstand, eine Art „Übergangsobjekt“, dem sie vorübergehend ihre Liebe widmen können. Ein Gegenstand, der für ihre Beziehung mit dem verstorbenen Menschen bedeutsam war, ist für sie sehr wertvoll. Manche Kinder haben auch eine „Schatzkiste“ mit Erinnerungs-Gegenständen. Es gibt den Kinder Halt, wenn die Eltern ihnen helfen, ein solches Andenken zu finden und es wert zu schätzen.

Kinder brauchen Erfahrungen, die sie mit allen Sinnen machen können

Eine Hilfe für das Begreifen des Todes und auch für die Erfahrung, dass die Liebe bleibt, ist es, wenn die Kinder die / den Verstorbene/n noch einmal berühren, vielleicht zum Abschied ein Bild malen oder die Trauerfeier mit gestalten. Kreatives Gestalten gleich welcher Art kann Kindern helfen, Gefühle zu verarbeiten. Je nach Vorliebe des Kindes kann das Malen, Werken, Singen, Geschichten erfinden und vieles mehr sein. Vielleicht gestalten Sie ein Erinnerungsalbum. Älteren Kindern kann es helfen, Tagebuch zu schreiben.

Trauer ist keine Krankheit

Eltern denken oft, dass ihre Kinder in der Trauer die Hilfe eines Psychologen brauchen. Das ist nur selten der Fall. Trauer ist keine psychische Erkrankung. Wenn das Kind in seiner schmerzlichen Verlust-Erfahrung eine gute Begleitung erfährt, braucht es in der Regel keine Therapie. Eine solche Begleitung trauernder Kinder verlangt neben der Kenntnis von Trauerprozessen auch pädagogisches Geschick und Kreativität. So kann sie den Kindern helfen, die Trauer in ihren Alltag zu integrieren. Sie entwickeln dann eigene Kräfte, um das, was durch den Tod alles anders ist, zu bewältigen.

Wenn das Kind allerdings über längere Zeit nach einem Verlust (etwa vier bis sechs Monate) deutliche und anhaltende Verhaltens-Auffälligkeiten entwickelt mit Symptomen wie Schlaflosigkeit, häufige Albträume, anhaltendes Nägelkauen, Einnässen, Einkoten, starke Konzentrationsprobleme, deutlicher Leistungsabfall in der Schule oder massiver Rückzug, dann ist professionelle Hilfe angezeigt. Bei besonders schweren Trauerfällen wie dem Suizid eines Eltern- oder Geschwisterteils ist es ratsam, sich als Elternteil für sich selbst und für das Kind professionellen Rat einzuholen.

Durch die liebevolle und einfühlsame Begleitung des Kindes in der Trauer kann das Kind erfahren, dass der Verstorbene in der Erinnerung und im Herzen weiterlebt. Und es kann vor allem auch erfahren, was wir mit ihm glauben dürfen: dass es gerade in seinem Schmerz von Gott geliebt und getragen ist und dass der liebe Mensch, den es vermisst, für immer bei Gott aufgehoben ist.

Birgit Plümpe, Erzieherin im Ökumenischen Kinderhaus Radebeul und Trauerbegleiterin beim Ambulanten Malteser Hospizdienst Dresden

 

Literaturempfehlungen

  • „Wie ist das mit … der Trauer“ von Roland Kachler, Gabriel –Verlag
  • „Kinder bei Tod und Trauer begleiten“ von Hinderer/Kroth
  • „Wie ist das mit dem Tod?“ – Willi wills wissen, Bayerischer Rundfunk, Buch und Film
  • „Großvater und ich und die Geschichte mit dem kleinen Kätzchen“ Alex im Brunnen-Verlag
  • „Du wirst immer bei uns sein“ Inger/Vendrell

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