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Ilka Meffert

Wege aus der Brüllfalle

Natürlich hört mein Kind auf mich. Was ich ihm sage, hat doch seinen Sinn und ich habe meine Gründe. Wenn es abends die Playstation zur Seite legt, das Licht ausmacht und bald einschläft, wird es früh ausgeschlafen sein und in der Schule gut aufpassen können. Das ist doch gut für das Kind.

Also gehe ich in das Zimmer meines Sohnes und sage: „So, das war’s für heute mit Spielen, Zeit zum Schlafen, Licht aus, träum schön!“ Keine Reaktion. Ich sage „Hallo, jetzt ist Feierabend!“ Die Finger fliegen weiter über die Tasten; „Papa, das geht nicht, ich bin doch mit dem Level noch gar nicht fertig!“. Na und, denke ich, jetzt mach endlich, was ich sage, meine Serie fängt doch gleich an: „Jetzt mach das Ding aus!“ Keine Reaktion. „Ich zähle bis drei! Eins, zwei, …“ „Ach Papa, nun sei doch nicht so, ich bin doch gleich fertig und dann mache ich sofort aus!“ Definiere „gleich“, denke ich – oh Gott, das nervt, kann der Bursche nicht einmal einfach mal nur hören und machen was ich sage – ich habe es so satt,  mir andauernd den Mund fusslig zu reden. „Papa, ich bin jetzt in der vorletzten Runde!“ Na gut, denke ich, dann ist er wenigstens bald fertig – verdammt, meine Serie! „Na gut, aber dann ist wirklich Schluss!“. „Klar!“ sagt er. Und ich schaffe es gerade noch so bis zu den ersten Bildern nach dem Vorspann.

In der Werbepause schaue ich noch mal in sein Zimmer. Da schläft noch keiner. Stocksauer schreie ich ihn an: „Was ist denn hier los! Ich habe Dir doch gesagt, dass Du das das Ding ausmachen sollst! Kannst Du denn nicht hören? “  „Aber Papa, musst Du denn immer gleich brüllen, ich will doch nur noch zu Ende spielen, ich bin doch gleich fertig“. Muss ich immer gleich brüllen? Ausgerechnet ich – ich müsste doch wissen, wie man Kinder erzieht, ohne rumzuschreien. „ Tut mir leid, das wollte ich nicht – aber warum machst Du denn nicht, was ich Dir sage?“ „Mach ich doch – ich bin doch gleich fertig!“ „Na gut – aber dann ist endgültig Schluss!“ „Na klar, kannst Dich drauf verlassen!“ Ich schaffe es gerade noch so zum Bildschirm, um zu sehen, dass mein Held doch nicht abstürzt. Spannend, wirklich – und so bleibt es bis zum Schluss. Und als ich dann noch einmal schaue, schläft mein Sohn – die Konsole noch in der Hand. Als ich ihn aber am nächsten Tag wecke, ist er nur schwer aus dem Bett zu holen….

Natürlich ist das Beispiel erfunden. Mein Sohn hört immer auf mich. Wirklich! Na ja, meistens… Aber eins passiert mir nicht: Ich gehe nicht mehr in die Brüllfalle. Was das ist? Mir ist sie in dem Film „Wege aus der Brüllfalle“ von Wilfried Brüning begegnet, einem pädagogischen Ratgeber – nein, nicht so was wie auf manchen Fernsehkanälen. Ich bin beim Zuschauen streckenweise kaum aus dem Lachen herausgekommen und das zeigt wohl, dass das Werk nicht mit dem pädagogischen Zeigefinger droht. Nein, in ihm zeigen Menschen wie du und ich, in welche Fallen man tappen kann, wenn man nur das Beste für sein Kind will. Die Selbsterkenntnis eigener Fehler ist dabei unvermeidlich und natürlich ganz klar der erste Schritt zur Besserung.

Einige Inhalte in der Kurzfassung:

Kinder können sich prima abschirmen, wenn sie etwas tun, was ihnen Spaß macht. Durch diese Schutzhülle muss man erst mal durch, wenn das, was man dem Kind sagt, auch bei ihm ankommen soll. Deshalb:

  • Gehen Sie zu Ihrem Kind und stellen Sie Blickkontakt her, reden Sie nicht zwei Zimmer weiter mit der Wand.
  • Geben Sie nur eine Aufforderung auf einmal.
  • Sagen Sie klar und kurz, was sie wollen.
  • Bitten Sie das Kind nur dann, wenn es ohne Probleme Ihren Wunsch auch ablehnen kann. Wenn Sie eine Forderung haben, die tatsächlich zu erfüllen ist, dann formulieren Sie den Inhalt auch als Forderung, also ohne ein „Bitte…“.
  • Seien Sie konsequent und machen Sie keine Abstriche am Inhalt der Aufforderung.
  • Wiederholen Sie nichts, auch nicht mit anderen Worten. Tut das Kind nicht dergleichen, schweigen Sie.
  • Schauen Sie Ihr Kind an und verkünden Sie mit Mimik und Körpersprache eindeutig: Das wird jetzt gemacht.
  • Bleiben Sie bei Ihrem Kind, bis es die Forderung erfüllt oder wenigstens damit begonnen hat. Im letzteren Fall sollten Sie nach einer angemessenen Zeit die Realisierung kontrollieren.
  • Geben Sie ihrem Kind eine positive Rückmeldung – das kann auch ein freundlicher Blick sein – wenn es Ihre Aufforderung erfüllt.

Zu theoretisch? Dann kommt jetzt die „Werbeunterbrechung“: www.wege-aus-der-bruellfalle.de. Und sollten Sie sich für den Kauf einer DVD entscheiden: Viel Spaß – Sie werden erstaunt sein!

Bernd Friedrich, Diplompsychologe im Kinderarche Sachsen e.V.

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