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Alleinerziehend – zwischen den Stühlen?

Das schlechte Gewissen, immer ist es da. Ich bin allein, kann meinem Kind keine „Familie“ bieten. Ich wollte es immer anders für mein Kind und für mich. Dann frage ich mich: Ist das, was ich tue, gut für mein Kind? Wie werde ich den Ansprüchen des Alltags gerecht, so allein wie ich bin?

Nicht nur das schlechte Gewissen, auch Überforderung plagt viele alleinerziehende Eltern. Das Gefühl: „Ich habe keine Zeit für mein Kind“. Viele Fragen gilt es Tag für Tag zu beantworten. Fragen, die unsere Kinder an uns haben, und Fragen, die wir uns selbst stellen. Doch das schlechte Gewissen, dem eigenen Kind nicht „das Beste“ – eine heile Familie – bieten zu können, überwiegt bei vielen alleinerziehenden Müttern oder Vätern.

Doch was ist „das Beste“ für unsere Kinder? Was brauchen sie, um glücklich zu sein? Braucht es ein Haus, dazu den Papa und die Mama… immer lachend, nebeneinander?

Ein Kind benötigt vor allem Zeit, Aufmerksamkeit, Verständnis und Zuwendung. Egal ob der Papa oder die Mama IMMER da sind, das Kind liebt beide gleichermaßen. Die besondere Verbindung zu beiden besteht immer, wie ein Band, das untrennbar ist. Erhalten Sie dieses Band und lassen Sie Ihr Kind wissen, wo seine Wurzeln liegen. Zweifellos ist das die schwerste Aufgabe: Ihrer ehemaligen Partnerin, Ihrem Ex-Partner diesen Respekt zu zollen und zu ermöglichen, Anteil am Werden und Wachsen zu nehmen, wichtige Wurzel und eine ebenso wichtige Bezugsperson für Ihr gemeinsames Kind zu sein. Mein Rat: Zögern Sie nicht, wenn die Diskussionen um Kita-Platz oder Schuleinführung, Weihnachten hier oder dort, Sommerurlaub mit wem, allzu zermürbend sind, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hilfe, die unparteiisch beiden Eltern helfen kann, sinnvolle Absprachen zu treffen und verlässliche Strukturen des gemeinsamen Sorgens zu schaffen.

Nicht immer muss Hilfe jedoch professionell sein. Viele alleinerziehende Eltern profitieren besonders von tragfähigen Netzwerken: Freunden und Freundinnen, die im Alltag Unterstützung geben können, die auch mal einen Freiraum für eigene Bedürfnisse ermöglichen oder die Kinder aus der Kita mitbringen. Solche Netzwerke zu schaffen und zu pflegen, kann viel von der Last des Alleinseins nehmen und – man kann sich aktiv darum bemühen. Vielleicht gibt es in Ihrer Nähe ein Elterncafé, einen Elternkreis in Ihrer Gemeinde oder sympathische Begegnungen auf Elternabenden. Scheuen Sie sich nicht, „Gleichgesinnte“ anzusprechen oder einzuladen, Zeit miteinander zu teilen oder sich gegenseitig zu gönnen. Das ist gut für alle – für Sie als Erwachsene, für Sie als Eltern und für Ihre Kinder, die anderen Kindern auch außerhalb von Kita und Schule begegnen können.

Beantworten Sie die Fragen Ihres Kindes, warum alles so ist, wie es ist, ehrlich und aufrichtig und nehmen Sie sich Zeit für jede Frage und für Ihr Kind. Sie können das schlechte Gewissen verringern, wenn es Ihnen gelingt, Ihrem Kind alle Aufmerksamkeit zu schenken, die es braucht. Kinder sind sehr dankbar, wenn sie verstanden und ernstgenommen werden. Dafür bedarf es keiner „perfekten Familie“, sondern aufmerksamer, feinfühliger Mütter oder Väter. Organisieren Sie sich Ihren vielleicht sehr voll gepackten Tag so, dass dieser zum Beispiel „Kinderzeit“ beinhaltet.

Und wichtig ist: Nehmen Sie sich jeden Tag nur eine größere Aufgabe vor – das entschleunigt die ohnehin viel zu hektische Zeit. Genießen Sie die Augenblicke mit Ihrem Kind – auch ohne große Aktionen. Hören Sie zu, spielen Sie mit, bieten Sie Raum für Gespräche. In einer Welt, in der nicht „alles in Ordnung“ ist, lohnt es sich zu lernen, die kleinen Dinge zu lieben und zu schätzen. Diese scheinbar kleinen Dinge zu pflegen – ein Schmusestündchen auf dem Sofa, ein Schlaflied am Abend, ein Augenblick des Tröstens – ist es wert und kann uns immer wieder den großen Schatz unserer Elternschaft zeigen – auf genau dem richtigen Stuhl.

Susanne Fröhlich, Erzieherin in der „Villa Kunterbunt“ Freiberg, Projektbeauftragte für Kinder mit besonderen Lern- und Lebenserschwernissen

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